Der Besuch in der Hölle
am Teufelsfinger
Der Sage nach wurde dieser Fels von den Mächten vor den Eingang der Hölle gesetzt, um die Menschen daran zu hindern, dem Teufel einen Besuch abzustatten. Jahrhundertelange Verwitterung hat dem einst mächtigen Fels zugesetzt, der heute wie eine Landmarke nach oben ragt und Teufelsfinger genannt wird.
Im Mittelalter war die Vorstellung vom Teufel als leibhaftige Person in der einfachen Bevölkerung besonders ausgeprägt. Der Glaube an den „Leibhaftigen“ wurde von der Kirche eifrig bestärkt, da sich mit der Angst vor Hölle und Teufel erzieherisch auf die Untertanen einwirken ließ. Dies geschah durchaus im Sinn einer Vorteilnahme der Kirche, wie die folgende Geschichte erzählt:
Der verstorbene Landgraf Ludwig aus dem Thüringischen hinterließ einen Sohn. Dieser Sohn, der die Reichtümer seines Vaters verwaltete und in großem Wohlstand lebte, versprach demjenigen, der ihm den Verbleib der Seele seines Vaters mitteilen könne, ein herrschaftliches Haus. Das hörte ein verarmter Ritter. Der Bruder dieses Ritters wiederum hatte sich in jungen Jahren mit schwarzer Magie beschäftigt und wusste den Teufel anzurufen. Zwar hatte er den Ritualen schon lange abgeschworen und sich als frommer Mönch dem Klosterleben zugewandt, doch der Ritter klagte jämmerlich und erregte so viel Mitleid, dass sein Bruder ihm schließlich verriet, wie man den „Herrn der Finsternis“ anrufen könne. Eifrig wandte der alte Ritter die Zeremonien an, und es gelang ihm tatsächlich, den Teufel leibhaftig erscheinen zu lassen. Dieser fragte nach seinem Begehren. Ängstlich brachte der Ritter vor, er suche nach der Seele des verstorbenen Landgrafen Ludwig. Grinsend antwortete der Dämon: „Wenn Du mit mir kommen willst, kann ich Dir den armen Kerl zeigen“. Eingeschüchtert stellte der Ritter die Bedingung, der Teufel müsse ihn unversehrt zurück bringen, dann werde er ihm folgen. So wurde es beschworen, und schon ging es durch die Luft zum Höllentor. Dort angekommen, öffnete sich vor dem Verängstigten eine feurige Kluft, aus der bestialischer Gestank drang. Fürchterliche Schreie, die kaum zu ertragen waren, entstiegen der heißen Gruft. Als der Ritter hineinspähte, erblickte er Sünder, die grausige Qualen zu erleiden hatten. Der Teufel befahl seinen Dämonen, den Landgrafen herbei zu schaffen, damit sich der alte Ritter von seinem Verbleib in der Hölle überzeugen könne. Aus einem Feuerregen tauchte der Herr auf und konnte gerade noch mitteilen, dass es ihn reue, viele seiner Ländereien der Kirche unrechtmäßig entrissen zu haben, bevor er wieder im Höllenchaos verschwand.
Mit einem mächtigen Fels wurde nun das Höllentor verschlossen, damit sich nie wieder ein Mensch nähern konnte. Als Zeichen ist heute noch der mahnende Finger des Teufels in versteinerter Form zu sehen – der Teufelsfinger.
Zurück auf der Burg beim Sohn des Landgrafen, berichtete der Ritter vollkommen erschöpft von den Ereignissen, die er gesehen und gehört hatte. Als er mit dem herrschaftlichen Haus entlohnt werden sollte, dankte der noch immer sichtlich Schockierte mit folgenden Worten ab: „Behaltet das Haus, ich werde fortan nur an das Wohl meiner Seele denken.“.
So gesprochen, schritt er fort und wurde Mönch, wie sein Bruder.